Max Himmelheber

Zur Biographie und Würdigung ihres Gründers

  Max Himmelheber wurde am 24. April 1904 als drittjüngstes Kind von sieben Geschwistern in Karlsruhe geboren. Das Elternhaus, – der Vater, Inhaber einer kleinen Möbelfabrik, die Mutter, Tochter eines Finanzministers – fortschrittlich gesinnt, geistig vielfältig anregend, bedeutete eine glückliche Kindheit. Ab dem zehnten Lebensjahr Mitglied in Pfadfinder- und Wandervogelgruppen, die nachhaltig prägten. Die Schuljahre am Realgymnasium „Goetheschule Karlsruhe“ führten 1922 zum Abitur, anschließend Beginn eines Ingenieursstudiums im Fach Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Karlsruhe, abgeschlossen 1927 mit dem akademischen Grad eines Diplom-Ingenieur (Dipl.-Ing.) .


Danach Assistentenjahre zunächst an der TH Karlsruhe, ab 1929 an der Universität Basel, wo Prof. Alfred Schmid u. a. mit Phenolkunstharzen experimentierte. Verpresst mit Holzschliff, ergab sich ein holzähnlicher Stoff, intern als Homogenholz bezeichnet, eine Art Vorläufer der heutigen Spanplatte , wofür Schmid und Himmelheber 1932 ein erstes Schweizer Patent erhielten. Die Weiterentwicklung der Erfindung erfolgte im privaten Rahmen, da sich an Hochschulen keine Möglichkeit ergab.


Ab 1934 beruflich in die Fliegerei wechselnd, begann eine Ausbildung zum Flugzeugführer und Fluglehrer im Luftfahrtministerium, mit Kriegsbeginn als Jagdflieger im Einsatz, 1940 über England abgeschossen und in Gefangenschaft bis 1942, wo es zum Austausch und zur Rückkehr nach Deutschland kam. Unmittelbar wieder mit der Entwicklung der Spanplatte befasst, erfolgte 1950 die Gründung der Firma Laboratorium Himmelheber in Baiersbronn, die weltweit Spanplattenwerke plante und errichtete (über 60) nach dem Verfahren System Himmelheber auf der Grundlage zahlreicher eigener Patente (über 80). Das Unternehmen wurde bis ins Jahr 2002 weitergeführt.


Um 1970 zog sich Himmelheber allmählich aus der Unternehmensführung zurück, widmete sich philosophischen Themen, gründete die seinen Namen tragende Stiftung, gründete zugleich die Zeitschrift Scheidewege. Vierteljahresschrift für skeptisches Denken zusammen mit Friedrich Georg Jünger, Heft 1, 1971, ab 1983 als Jahresschrift erscheinend. Mit dem 50. Jahrgang 2021/2022 wurden die Scheidewege eingestellt.


Mit der Herausgabe der Scheidewege zählt Max Himmelheber zu den Vordenkern und Vorreitern der Ökobewegung (– die Club of Rome-Studie Grenzen des Wachstums erscheint erst ein Jahr später). In vielen Beiträgen setzt sich hier Himmelheber für ein Umdenken im Umgang mit der Natur ein, für eine Rückbesinnung auf menschliches Maß, verweist auf Grenzen des Wachstums, warnt vor der Verwüstung der Erde und der Lebensräume des Menschen, fordert sanftere Technologien, Recyclingverfahren und Kreislaufwirtschaften um der Misere zu begegnen. Bis zu seinem 90. Lebensjahr ist er als streitbarer Autor in den Scheidewegen zu finden. Die letzten Jahre sind vom Nachlassen der geistigen und körperlichen Kräfte gezeichnet, sein Leben geht am 17. Dezember 2000 zu Ende.


Mit der Erfindung der Spanplatte aus Abfallholz einen neuen, hochwertigen Werkstoff zu gewinnen und mit der Schaffung der industriellen Spanplattenproduktion hat sich Max Himmelheber unschätzbar verdient gemacht um die Schonung der begrenzten Ressourcen an Holz und Wald. Darüber hinaus ist er mit den Scheidewegen und seinen Schriften für eine Ökobewegung eingetreten, die über wohlfeile Worte und politische Bekundungen hinausführt, sie vielmehr ethisch begründet und philosophisch fundiert. Für beide Leistungen wurde er verschiedentlich ausgezeichnet, so mit dem Bundesverdienstkreuz und der Theodor-Heuss-Medaille.


Darüber hinaus war Himmelheber zeitlebens der Pfadfinder- und Jugendbewegung verbunden. Er setzte sich mit deren anthropologisch-pädagogischen Grundlagen auseinander und widmete sich der Führung junger Menschen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und Mitwelt. Eine Reihe grundlegender Schriften und Erlebnisberichte zeugen von diesem Engagement (s. Literaturverzeichnis).


Literatur : Walter Sauer (Hrsg.), Max Himmelheber – Drei Facetten eines Lebens. Philosoph – Erfinder – Pfadfinder. Ausgewählte Schriften, Baunach: Spurbuchverlag 2016.

Walter Sauer: Max Himmelheber, in: Baden-Württembergische Biographien Band VIII. Thorbecke Verlag Ostfildern 2022.

Max Himmelheber

Walter Sauer (Hg.): Max Himmelheber – Drei Facetten eines Lebens. Philosoph – Erfinder – Pfadfinder. Ausgewählte Schriften, 2015.

ISBN 978-3-88778-487-4

376 Seiten

Format: 18 x 25,5 cm

Hardcover

29,80 €


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Max Himmelheber – Publikationen

Der gesamte schriftliche Nachlass wie Zeugnisse, Urkunden, Patentschriften, Firmenunterlagen, Korrespondenzen, Manuskripte, Fotografien befinden sich im Besitz der Max Himmelheber-Stiftung gGmbH Reutlingen.

Verzeichnis der Schriften

Grenzwerte der Technik, Typoskript, 1943; Der Energiebegriff in Physik und Metaphysik, Typoskript, 1943; Arbeiten der Holig Homogenholz-Werke auf dem Gebiet der Holzwerkstoffe, in: Mitteilungsschr. 37 d. Dt. Ges. f. Holzforschung 1948; Entwicklung und Stand der Homogen-Holz-N-u. T-Verfahren. Bericht d. Tag. d. Fachausschusses IV d. Dt. Ges. f. Holzforschung, 1949; Brief aus Japan, in: Jungenleben 1953, Jg. 4; Ein Brief

aus Japan, in: Lagerfeuer 1953, H. 23; Bündische Jugend – heute?, in: Lagerfeuer 1954, H. 28; Der Bund – unser Auftrag, in: Lagerfeuer 1954, H. 29; Führen und Erziehen, in: Lagefeuer 1954, H. 30; Erfahrenes und Erdachtes, in: Lagerfeuer 1954, H. 31/32; Erfahrenes und Erdachtes II, in: Lagerfeuer 1954, H. 34; Erfahrenes und Erdachtes (Corsica), in: Lagerfeuer 1954, H. 35; Debatte. Zum Abschluss, in: Das Lagerfeuer 1954, H. 35; Erfahrenes und Erdachtes (Japan), in: Lagerfeuer 1955, H. 41/42; Debatte. Offener Brief, in: Lagerfeuer, 1955, H.41/42; Erfahrenes und Erdachtes (Jugendbewegung), in: Lagerfeuer 1958, H. 48; Um was geht es im Bund? Briefe a. d. Führerschaft 1958, H. 27; Erfahrenes und Erdachtes. Leserbrief-Entgegnung, in: Briefe a. d. Führerschaft 1958, H. 28; Zur Technik der Großen Fahrt und der Großfahrt, in: Briefe a. d. Führerschaft 1958, H. 32; „In der Dürre der Wüste …“. Vom Sinn des Bündischen, in: Schwarze Tanne 1958, Nr.11; Behr-Himmelheber-Verfahren, in: Franz Kollmann (Hrsg.): Holzspanwerkstoffe 1966; Carlos, in: Eisbrecher 1969, Nr. 47; Die moderne Spanplattenfertigung: Rohstoffeinsatz und Plattenqualität (mit Walter Kull), in: Holz als Roh- u. Werkstoff 1969, Jg. 27, H. 11; Die moderne Spanplattenfertigung: Stand der Technik bei den Fertigungsverfahren (mit Gerhard Trutter), in: Holz als Roh- und Werkstoff 1970, Jg. 28, H. 3; Grenzen des technischen Fortschritts, in: Scheidewege 1971, Jg.1; Der Explosionsmythos, in: Scheidewege 1971, Jg.1; Aggression und Selbstverwirklichung, Tl. 1 u. 2, in: Scheidewege 1973, Jg. 3; Rückschritt zum Überleben, Teil 1 u. 2, in: Scheidewege 1974, Jg. 4; Zur Energiekrise, in: Scheidewege 1974, Jg. 4; Bund und Fahrt. Biographische Notiz, in: Stichwort 1974, H. 2; Die Abfall- und Abwassersituation, in: Hans Schaefer (Hrsg.): Folgen der Zivilisation, 1974; Diskussionsbeitrag zur Steuerung der Krise, in: Hans Schaefer (Hrsg.): Folgen der Zivilisation, 1974; Offener Brief. Lieber Peter Krämer!, in: Stichwort 1975, H. 2; Symptom-Therapie und Heilung am Beispiel des Abwasserproblems, in: Scheidewege 1975, Jg. 5; Bussauer Manifest zur umweltpolitischen Situation (mit Jürgen Dahl, Gert Kragh, Michael Lohmann, Gerhard Helmut Schwabe), in: Scheidewege 1975, Jg. 5; „Alternativen zur Kernenergie“ in: Scheidewege 1976, Jg. 6; Schiene und Straße – Verkehrswege der Zukunft, in: Scheidewege 1977, Jg. 7; In memoriam Friedrich Georg Jünger, in: Scheidewege 1977, Jg. 7; Schiene und Straße. Neubaustrecken für den Eisenbahngüterverkehr, in: Studien und Dokumente d. Max Himmelheber-Stiftung 1979, Nr. 4; Lehren aus Japan, in: Scheidewege 1980, Jg. 10; Abstraktion und Vorstellung, in: Scheidewege 1980, Jg. 19; Gedanken zum Turnier „Japanische Lyrik“, in: Eisbrecher 1980, H. 89; Grabeisen, in: Eisbrecher 1980, H. 90; Erfahrenes und Erdachtes. Gedanken zum Thema: Schönheit, in: Beih. z. Eisbrecher 1980, H. 90; Fahrtentechnik: Feuermachen, in: Eisbrecher 1980, H. 91; Bündische Jugend. Versuch und Beginn eines Gesprächs, in: Eisbrecher 1981, H. 92; Mut und Übermut I, in: Eisbrecher 1981, H. 93; Mut und Übermut II, in: Eisbrecher 1981, H. 94; Mut und Übermut III, in: Eisbrecher 1982, H. 95; Straßen sind wie Flüsse zu überqueren. Zur Technik der großen Fahrt, in: Eisbrecher 1982, H. 97; Aus den Tagebüchern 1942-1982, in: Scheidewege 1982, Jg. 12; Das Leben ist der Güter höchstes, in: Scheidewege 1982, Jg. 12; Werkstattgemeinschaften, in: Eisbrecher 1983, H. 3; Carlos. Ein Reisebericht, Tl. 1, Eisbrecher 1983, H. 4; Carlos. Ein Reisebericht, Tl. 2, in: Eisbrecher 1984, H. 1; Ohne Titel bzw. „Lieber Alexej“ [Gedanken über Technik], in: Beilage zu Stichwort 1984, H. 1; Jugendbewegung – Stillstand oder Erfüllung?, in: Eisbrecher 1985, H. 3; Japanische Kultur und Jugendbewegung, in: Eisbrecher 1986, H. 4; Theodor-Heuss-Stiftung (Hrsg.): Theodor-Heuss-Preis 1987. Dank und Berichte der Medaillenempfänger 1987; Selbsthilfewerkstätten für jugendliche Arbeitslose, in: Eisbrecher, 1987, H. 3; Vorwort, in: Jürgen Dahl, Hartmut Schickert (Hrsg.): Die Erde weint, 1987; Die Trinität der Natur, in: Scheidewege 1988/89, Jg. 18; Die deutschen Physiker und die Bombe. Leserzuschrift, in: FAZ 1990; Grenzen des technischen Fortschritts, in Scheidewege 1992/93, Jg. 22; Die geistes- und zeitgeschichtliche Bedeutung des Vorschlages von Kardinal König vom 1. Juli 1968, in: Technik, Ökonomie und Ökologie in der Dritten Welt. Schriften d. Ges. f. Verantwortung i. d. Wissenschaft 1993, No. 8; Lagerstätte zur Endlagerung radioaktiven Materials. Offenlegungsschrift, Deutsches Patentamt 1993; Gedanken über die Schönheit, in: Scheidewege 1993/94, Jg. 23, Bd. 1; Statistisches Gleichgewicht. Versuch einer kinetischen Energie des Atomkerns, in: Scheidewege 1993/94, Jg. 23, Bd.1; Missverständnisse, Irrtümer, Utopien, in: Scheidewege 1993/94, Jg. 23, Bd. 2; Selbsthilfewerkstätten für jugendliche Arbeitslose. Konsumgütererzeugung außerhalb der Geld- und Marktwirtschaft, in: Scheidewege 1993/94, Jg. 23, Bd. 2; Notizen zur Entwicklungstheorie, in: Scheidewege 1994/95, Bd. 24.   

Verzeichnis der Sekundärliteratur             

Oswald Wyss: Homogenholz als neuer Werkstoff. Eigenschaften und Anwendung, in: Mitteilungen des Fachausschusses für Holzfragen beim Verein Deutscher Ingenieure im NSBDT und beim Deutschen Forstverein, 1942, Heft 32; Max Himmelheber 50 Jahre, in: Holz-Zentralblatt 22.4.1954; Werner Scheibert: Spanplatten. Herstellung, Verarbeitung, Anwendung, 1958; Franz Kollmann (Hrsg.): Holzspanwerkstoffe, 1966; Dipl.-Ing. Max Himmelheber 70 Jahre, in: Holz-Zentralblatt 1974, H. 4; Reinhard Löw: Freundschaft mit dem Wald. Max Himmelheber ist achtzig geworden, in: FAZ 24.4.1984; Max Himmelheber 80 Jahre, in: Holz-Zentralblatt, 1984, Nr. 47/48; Walter Kull: Mäzen für beispielhafte Initiativen. Max Himmelheber erhält die Theodor-Heuss-Medaille in Stuttgart, in: Landkreis Freudenstadt. Ein Jahrbuch, 1987; Dietmar Lauermann, Jürgen Dahl: Max Himmelheber zum Fünfundachtzigsten, in: Scheidewege, 1989/90, Jg. 19; Peter E. Selinger: Segelflugzeuge, 1989, 3. Aufl.; Hans-Joachim Elster: Humane Entwicklung und ethische Besinnung (Eine Erinnerung an den Baiersbronner Kreis), in: Technik, Ökonomie und Ökologie in der Dritten Welt – Widerspruch oder Einheit? Schriften der Gesellschaft für Verantwortung in der Wissenschaft 1993, No. 8; Reinhard Löw: Max Himmelheber zum Neunzigsten, in: Scheidewege, 1994/95, Jg.24; Walter Sauer: Pfadfinder – Erfinder – Philosoph. Zum Tod von Max Himmelheber, in: Idee und Bewegung 2001, H. 53; Walter Sauer: Drei Facetten eines Lebens: Pfadfinder – Erfinder – Philosoph. Zum Tod des Scheidewege-Begründers Max Himmelheber, in: Scheidewege, 2001, Jg. 31; Otto Jägersberg: Max Himmelheber zum 100. Geburtstag, in: Scheidewege, 2004/2005, Jg. 34; Hanspeter Michel: Die Spanplatte des Herrn Himmelheber. Filmreihe des SWR-Fernsehen „patente & talente“, Erstsendung 2010; Walter Sauer: Begegnungen und Schicksale. Autobiographische Aufzeichnungen, 2013; Bundesverband Deutscher Patentanwälte: Der weltweite Siegeszug der Spanplatte, Link, zugegriffen: 01.06.2015; Ralf Lilienthal: Scheidewege, in: a tempo 5/2015; Kay Niemann: Untersuchungen und Herstellung von Spangeometrien zur gewichtssparenden Herstellung von Spanplatten. Bachelorarbeit, 2016; Walter Sauer (Hrsg.): Max Himmelheber – Drei Facetten eines Lebens. Philosoph – Erfinder – Pfadfinder. Ausgewählte Schriften, 2016; Cornelius W. M. Oettle: Einfach mehr vom Baum. Max Himmelheber war nicht nur der Erfinder der Spanplatte, in: Stuttgarter Zeitung, Wochenendbeilage 22./23.4.2017; Claus-Peter Clostermeyer: Zwei „Künstler-Ingenieure“ aus Baden. Max Himmelheber und Felix Wankel – Erfinder und Erfindungen in schwieriger Zeit, in: Badische Heimat 4/2020; Walter Sauer: Max Himmelheber, in: Baden-Württembergische Biographien Band VIII. Thorbecke Verlag Ostfildern 2022; Claus-Peter Clostermeyer: Max Himmelheber. Jugendbündler, Erfinder, Unternehmer und Umweltaktivist, 1904-2000., in: Lebensbilder aus Baden-Württemberg, 26. Band, Thorbecke Verlag Ostfildern 2023.

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